Dieser Artikel handelt davon, wie man spezielle Fototechniken kombinieren kann, um etwas besonders Eindrucksvolles zu produzieren. Konkret: Eine Highspeed-Fotografie friert ultraschnelle Bewegung ein. Mittels Bullet-Time-Rig wird dieses Bild exakt zeitgleich von mehreren Kameras aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufgenommen, und das ermöglicht dreidimensionale Darstellung und Animation des Ergebnisses. Jeder einzelne winzige Wassertropfen ist in jedem Bild an exakt derselben Position in der Bewegung eingefroren.
Inhalt
Bullet-Time? Wasserhut? Kleine Begriffsklärung vorab:
- Wasserhüte sind Hüte aus Wasser. Keine echten Hüte, aber sie sehen wie Hüte aus. Jedenfalls ein paar Millisekunden lang. Sie entstehen, wenn man einen mit Wasser gefüllten Ballon auf dem Kopf einer Person zum Platzen bringt und dabei in der richtigen Millisekunde fotografiert. Wie ich das mache, erkläre ich in zwei älteren Blogbeiträgen (klick).
- Für den Begriff Bullet-Time zitiere ich mal Wikipedia: “Bullet Time (von engl. bullet ‚Projektil‘ und time ‚Zeit‘) bezeichnet in der Filmkunst einen photogrammetrischen Spezialeffekt, bei dem der Eindruck einer Kamerafahrt um ein in der Zeit eingefrorenes Objekt herum entsteht. Er macht schnelle Geschehnisse, wie zum Beispiel fliegende Pistolenkugeln, genau und von verschiedenen Blickwinkeln sichtbar. Verlangsamungen bis hin zum Stillstand und sogar rückwärtslaufende Zeit sind ebenfalls möglich. Außer in Actionfilmen wird Bullet Time auch in Videospielen verwendet.”
Ein prominentes Beispiel für Bullet-Time-Aufnahmen ist die bekannte Szene aus “Matrix”, in der Neo Geschosse um die Ohren fliegen und er sich scheinbar seelenruhig darunter hinweg duckt bzw. ihnen ausweicht (hier siehst du ein Making-Of-Video dazu).
Auch Pro7 Galileo hat sich des Themas angenommen und eine ziemlich coole Kurz-Doku über die Technik gedreht.
Vorgeschichte
- Model Nicky Stone
- Visagistin Swetlana Schmid (geb. Swetlana Ross)
- Fotografin Petra Tillmanns
- Fotograf Mevlüt Altuntas
- Fotograf Björn Ziegler mit seiner bezaubernden Frau Maria, die jederzeit tatkräftig half, wenn es etwas zu helfen gab
- Fotograf Wolfgang Rehm
- Fotograf Michael Nagel
- Fotograf Thomas Hofbauer
- Fotograf Tri Bui war nicht persönlich dabei, hat aber seine Kamera zur Verfügung gestellt – danke auch dafür!
Vorgehen, Technik
- Alle beteiligten Personen machen sich bereit. Model nimmt die Pose ein, Wasserballonwerfer zielt schonmal auf den Nagel, der auf dem Kopf des Models befestigt ist und der sicherstellt, dass der Ballon auch platzt. Fotografen bereiten ihre Kameras und sich selbst vor.
- Der Raum wird abgedunkelt (ich schalte die Raumbeleuchtung mittels Funkfernbedienung aus)
- Alle 11 Kameraverschlüsse werden ungefähr zeitgleich für 5 Sekunden geöffnet. Jeder Fotograf muss seine Kamera(s) dafür zum richtigen Zeitpunkt auslösen.
- der Werfer wirft den Wasserballon. Über eine Laserlichtschranke mit Verzögerungselektronik wird der Blitz im richtigen Moment kurz nach Platzen des Ballons ausgelöst, ca. 120 Millisekunden nachdem der Ballon durch die Lichtschranke geflogen ist. Die an der Blitzanlage eingestellte Blitzabbrennzeit von 1/10.000s friert die Bewegung ein
- Die Kameraverschlüsse gehen nach 5 Sekunden wieder zu
- Ich schalte die Raumbeleuchtung wieder ein
- Das Model darf sich abtrocknen 😉
Das folgende Video zeigt die Anfertigung einer Aufnahme mit allen Kameras:
Nachbearbeitung der Bilder:
- Alle Bilder in Lightroom Classic importieren.
- Die Bilder in Zuschnitt und Belichtung grob aneinander anpassen
- Alle Bilder nach Photoshop als Ebenen exportieren
- In Photoshop alle Bilder an Hilfslinien (Gesichtsbegrenzung) so ausrichten, dass die Bilder, nacheinander abgespielt, eine saubere Drehung des Models um die vertikale Achse zeigen
- Störungen in den Bildern herausmaskieren bzw. wegstempeln. Gerade bei den Bildern von ganz links und ganz rechts sind im Hintergrund der Ballonwerfer bzw. Lampenstative zu sehen.
- Die Bilder einzeln so in Belichtung, Kontrast, Weißabgleich, Farbbalance und Schärfeeindruck feinjustieren, dass sie optisch gut zusammenpassen
- Alle Bilder synchron so beschneiden, dass zwar das Model und der Wasserhut nicht zu sehr beschnitten sind, aber keine (nicht behebbaren) Störungen mehr in den Bildern zu sehen sind.
- Export als 11 einzelne JPEGs
Präsentation
Animation

Interaktives 3D-Modell mittels Photogrammetrie
Lentikulardruck / Linienrasterdruck / Wackelbild
Wackelbild horizontal und vertikal – ein Vergleich
Andere Möglichkeiten zur Präsentation?
Wenn du weitere Möglichkeiten kennst, solche Bilder eindrucksvoll zu zeigen, egal ob in Internet oder außerhalb davon, freue ich mich über eine Nachricht! 🙂
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