“Achtung!… Eins – Zwei – Drei!”. Ich öffne den Kameraverschluss bei “Drei” für 2 Sekunden, mein Assistent Fabian lässt im selben Moment im abgedunkelten Raum eine Wasserbombe auf den Kopf des Models Rica fallen. Es blitzt in den dunklen Raum und einen Moment später juchzt Rica… und trieft vor Nässe. Die Kamera zeigt in der Rückschau ein sensationelles Bild: Rica hat einen blauen Hut aus Wasser auf dem Kopf, bei dem man jeden einzelnen kleinen Wassertropfen scharf erkennen kann.
Du kennst Teil 1 schon? Hier geht es zu Teil 2, über das Timing mittels Trigger!

















Was ist Highspeed-Fotografie?
Highspeed (eigentlich engl. “high-speed”), das bedeutet “hohe Geschwindigkeit”. Die Highspeed-Fotografie hat das Ziel, extrem kurze Momente, die durch extrem schnelle Bewegung entstehen, “einzufrieren”. Das sind meistens Momente, die man mit bloßem Auge gar nicht sieht, bzw. die so schnell wieder Vergangenheit sind, dass man sie zwar vielleicht gesehen hat, dass sie aber nicht ihren Weg ins Gedächtnis finden. Und hier kommt die Highspeed-Fotografie ins Spiel. Wir halten solche Momente im Standbild fest. Das ergibt außergewöhnliche Bilder, die man nur selten sieht. Und auch wenn man alles unternimmt, um die Reproduzierbarkeit solcher Aufnahmen zu erhöhen (mittels Triggervorrichtungen, die auf die Millisekunde genau programmierbar sind), so ist doch jedes Bild ein Unikat.
Übrigens: Die bei meinem ersten Water-Wigs-Shooting entstandenen Bilder und viel Making-Of-Material könnt ihr in diesem Video sehen:
Du willst nicht so viel lesen?
Tut mir leid, das Thema ist recht komplex. Einen kurzen Abriss zu geben, ohne in die Details zu gehen, ist kaum möglich. Wenn dich das Thema interessiert, du aber nicht so viel lesen willst, dann buche mich doch als Coach bzw. Trainer für Highspeed-Fotografie! Gerne auch nicht nur für dich allein, sondern für deinen Fotoclub. Ich habe bereits mehrere solcher Coachings durchgeführt.
Bei Interesse: Einfach mal nachfragen!
Highspeed-Fotografie (Teil 1 – Ultra-kurze Belichtungszeiten)
Schnelle Bewegung einfrieren: Wie erreicht man extrem kurze Belichtungszeiten? Und: Braucht man dazu teures Equipment?
Kurze Antwort: Die kürzesten Belichtungszeiten, bis ca. 1/20.000s(!) oder sogar kürzer, erreicht man am besten mit billigen Aufsteckblitzen. Ja, wirklich! Allerdings bringen die nicht viel Leistung, sind also nur für kleine Projekte in der Highspeed-Fotografie sinnvoll. Oder man muss sehr viele solcher Blitze benutzen. Dann lohnt sich vielleicht doch eher eine teure Blitzanlage.
Das Gute an billigen Aufsteckblitzen ist (für die Highspeed-Fotografie) nämlich: Sie regulieren ihre Leistung direkt über die Abbrenndauer bzw. Abbrennzeit. Das heißt, wenn man die Leistung immer weiter absenkt, sinkt die Abbrennzeit. Bei niedrigster Leistung haben sie also die kleinste Abbrennzeit, und das sind nicht selten 1/20.000s oder sogar 1/30.000s. Aber das geht eben nur auf sehr geringer Leistung, systembedingt. Ist der Raum dunkel, bestimmt die Abbrennzeit des Blitzes die Belichtungszeit des Bildes direkt.
Hier der ausführliche Bericht:
Im Rahmen meines Holi-Shootings 2015 habe ich meine ersten Tests zum Thema Water-Wigs und Highspeed-Fotografie gemacht. Ein platzender Wasserballon auf dem Kopf einer Person, fotografiert im richtigen Moment, sieht aus wie eine Mütze oder wie eine Perücke aus Wasser…
…oder wie ein explodierender Kopf. 🙂
Inspiriert hat mich da übrigens der amerikanische Werbefotograf Tim Tadder, der “Erfinder” der Water-Wigs.
Es handelt sich um eine Art “Wasser-Explosion”, und bei der entstehen sehr hohe Geschwindigkeiten der Wassertropfen. Die fliegenden Wassertropfen scharf einzufangen (also ohne Bewegungsunschärfe) ist nicht einfach. 1/5.000s Belichtungszeit, eingestellt in der Kamera und geblitzt mittels High-Speed-Sync, hat damals nicht ausgereicht. Die Wassertropfen sind noch recht unscharf.
In 2016 habe ich zwei Water-Wigs-Shootings durchgeführt mit Hilfe einer Blitzanlage, die eine Blitzabbrennzeit von 1/10.000 Sekunde erlaubt (bei t=0,1). Meine Kameras, die Canon EOS 5D Mark III und die Sony Alpha 7R II, können nicht kürzer als 1/8.000 Sekunde belichten. Aber mit noch kürzer abbrennendem Blitz müsste sich das machen lassen! Denn blitzen muss ich sowieso. Aber eine Blitzanlage mit so kurzen Abbrennzeiten ist teuer. Daher habe ich auch getestet, ob man vielleicht mit günstigen Aufsteckblitzen Ähnliches erreichen kann. Ja, man kann! Dazu weiter unten mehr.
Ich habe also eine Testreihe gemacht, um zu sehen, wie stark ich die Bewegungsunschärfe durch diese blitzbasierte Methode reduzieren kann. Ohne Wasserballons. Quasi eine Trockenübung. Ich brauchte etwas, das sich schnell bewegt und woran man Bewegungsunschärfe messen kann. Und um den Aufwand zu minimieren, wollte ich etwas haben, das sich kontinuierlich bewegt und das sich nicht aus dem Bildausschnitt heraus bewegt, also eine Kreisbewegung vollführt.
Ich habe mich für einen weißen Ventilator entschieden. Und um die Bewegungsunschärfe besser messen zu können, habe ich auf die Flügel mein Logo, in schwarzem Druck, für guten Kontrast zum Weiß, aufgeklebt.
Der Versuchsaufbau: Ventilator auf einem Tisch gestellt, in ca. 2m Entfernung die Kamera mit Teleobjektiv. Dicht am Ventilator die Beleuchtung: Erste Testreihe mit LED-Dauerlicht, zweite Testreihe mit hochwertiger Blitzanlage, dritte Testreihe mit billigem Aufsteckblitz. Die Kamera habe ich direkt mit dem Laptop verbunden für Tether-Shooting, um auf dem Monitor gleich die (Bewegungsun)schärfe beurteilen zu können.
Belichtung mit Kameraverschlusszeit und Dauerlicht
Zunächst wollte ich sehen, wie weit ich mit der Kamera allein komme, ohne spezielle Blitz-Tricks zu verwenden. Also: Ventilator mit einem Dauerlicht beleuchtet und die Verschlusszeit der Kamera immer weiter reduziert. Hier die Ergebnisse:
Belichtung mit hochwertiger Blitzanlage
Okay, da also High-Speed-Sync zwischen der Kamera und dieser Blitzanlage (meines Wissens) nicht möglich ist, und da das auch keinen Sinn hätte, weil dann die kürzeste Belichtungszeit wieder nur der kürzesten Verschlusszeit der Kamera entspräche (also 1/8.000s), gehe ich einen anderen Weg: Raum abdunkeln, lange belichten (genauer gesagt: Der Kameraverschluss lange öffnen, aber so, dass das Bild ohne Blitz stark unterbelichtet ist, also komplett schwarz wird) und während der Verschluss der Kamera offen ist: blitzen. Dann, und nur dann, wird das Bild mit der Abbrennzeit des Blitzes belichtet und man ist unabhängig von der Verschlusszeit der Kamera. Stelle ich die Verschlusszeit also auf 1 Sekunde (genug Zeit, um den Blitz manuell auszulösen) und die Blitzabrennzeit auf 1/8.000s oder länger, sollte ich ähnliche Ergebnisse erhalten wie vorher mit Dauerlicht und der Verschlusszeit bis 1/8000s. –> Jawoll. Klappt. Dann… Spannung: Blitzdauer an der Blitzanlage auf 1/10.000s eingestellt und Test wiederholt, und tatsächlich: Das Bild wird nochmal schärfer als mit 1/8.000s Verschlusszeit! Experiment geglückt!
Belichtung mit preiswerten Aufsteckblitzen
Ich benutze wieder meinen Ventilatoraufbau, um das abzuschätzen. Setup: Wie vorher, nur wird der Ventilator jetzt mit dem Aufsteckblitz beleuchtet. Dieser wird von einem Funkauslöser gesteuert, der auf der Kamera montiert ist. Die Kameraverschlusszeit ist auf 1/160s fest eingestellt.
Zum Bild oben: Blitzabbrennzeit-Messung mit 70€-Aufsteckblitz von Yongnuo (YN-560 IV, aber es geht auch die billigste Version mit regelbarer Leistung). Auf der Kamera die Funkfernsteuerung für den Blitz, die Yongnuo YN-560 TX.
Ich mache 8 Aufnahmen und verändere dabei die Blitzleistung: 1/1 – 1/2 – 1/4 – 1/8 – 1/16 – 1/32 – 1/64 – 1/128. (Blende und Abstand von Blitz zum Ventilator ändere ich jeweils auch, nach Gefühl, um in etwa gleiche Lichtverhältnisse auf den Bildern zu erreichen). Hier 4 repräsentative Bilder dieser Reihe:
So, und ist das nicht toll? Bei sehr kleiner Blitzleistung bekommen wir ein ähnlich scharfes Bild wie mit der Blitzanlage und 1/10.000s Blitzabbrennzeit! Wenn wir uns eine Ausschnittvergrößerung (unten im Fazit) anschauen, wird sogar deutlich, dass der Aufsteckblitz noch kürzer abbrennt als die Blitzanlage bei 1/10.000s!
Fazit und Vergleich
Hier die komplette Übersicht der Testaufnahmen mit Ausschnittsvergrößerung. Pro Reihe habe ich Bilder eingefügt mit ungefähr gleicher Bewegungsunschärfe, also ungefähr gleicher Belichtungs- bzw. Blitzabbrennzeit. Heißt also, dass wir bei Aufsteckblitzleistung 1/32 ungefähr eine Abbrennzeit von 1/10.000s haben. Theoretisch müssten wir dann bei Leistung 1/128 bei ca. 1/40.000 s liegen (wahrscheinlich liegt der Wert aber darüber, aber sicher sehr viel kürzer als 1/10.000 s).
Vergleichstabelle: Belichtungszeiten, realisiert über Verschlusszeit (links), Blitzanlage (Mitte) und Aufsteckblitz (rechts). Fazit: Wem die geringe Leistung eines Aufsteckblitzes reicht (oder wer genug Aufsteckblitze hat, um durch Parallelbetrieb die benötigte Leistung zu erreichen) kann damit EXTREM kurze Verschlusszeiten bis ca. 1/20.000 – 1/30.000s Sekunde realisieren!
Ich habe übrigens folgenden Aufsteckblitz verwendet (sollte aber ähnlich auch mit anderen günstigen Aufsteckblitzen funktionieren): Yongnuo YN-560 Mark IV Systemblitz mit integriertem Funkauslöser
Ein 70€-Aufsteckblitz ersetzt und übertrifft also sogar eine sehr teure Anlage?
Nicht ganz. Der große Unterschied: Beim Aufsteckblitz mussten wir die Leistung aufs Minimum reduzieren. Das heißt: Sehr wenig Licht. Die Blitzanlage ist um Größenordnungen stärker, auch bei kurzer Abbrennzeit. Das bedeutet: Wer kleine High-Speed-Gegenstände fotografieren will, wie z.B. fallende Tropfen, ist mit einem Aufsteckblitz bestens bedient (sogar meist besser als mit einer Blitzanlage). Aber für mein Water-Wigs-Shooting mit Model in einem 5x5m großen Raum reicht ein Aufsteckblitz keinesfalls. Ich habe ein solches Shooting erfolgreich mit 6 Aufsteckblitzen realisiert. Einer hinten rechts, einer hinten links und 4 von vorn in einer großen Octabox. So lässt sich durch Bündelung auch bei Leistung P = 1/64 mit 4 Blitzen noch die Lichtmenge von einem Blitz mit Leistung P = 1/8, bei einer Blitzabbrennzeit von ca. 1/10.000 s erreichen.

Bild oben: Bündelung von Aufsteckblitz-Leistung durch Montage mehrerer Blitze in einer Softbox.
Reihenaufnahmen wie diese mit ca. 6 Bildern pro Sekunde gelingen mit hochwertiger Blitzanlage zuverlässiger als mit Aufsteckblitzen. Da sind auch lange Serien mit vielen Bildern kein Problem. Flaschenhals ist dann eher die Schreibgeschwindigkeit auf die Speicherkarte der Kamera.
Das folgende Bild ist mit dem Aufsteckblitz-Setup entstanden. Es steht in seiner Qualität den Bildern, die ich mit der Blitzanlage gemacht habe, in nichts nach. Ja, das Licht einer teuren Blitzanlage ist in seiner Farbe und Intensität über die Abbrennzeit stabiler als das eines billigen Blitzgerätes. Aber wenn es nicht auf 100%ige Farbechtheit des Motivs ankommt, fällt das kaum ins Gewicht.
Jedoch sollte man sich überlegen, ob es sich bei größeren Projekten rentiert, billige Aufsteckblitze zu verwenden. Denn viele Aufsteckblitze kosten im Endeffekt auch viel Geld. Hier 6 x 70€, das sind auch über 400€. Immer noch günstiger als eine Blitzanlage vom benötigten Kaliber, aber bevor ich 20 oder mehr Systemblitze kaufe, überlege ich dann doch, ob nicht eine Blitzanlage sinnvoller wäre.

Ausblick auf Teil 2: Das Timing
Eine kurze Belichtungszeit ist das eine. Das Timing der Auslösung ist bei einem Water-Wigs-Shooting und bei wohl den meisten anderen Arten von High-Speed-Shootings ebenso wichtig. Denn der Moment, in dem man auslösen muss, ist extrem kurz, und das ist manuell nur mit Glück zu schaffen.
Dazu gibt es sogenannte Trigger-Geräte. Die haben Sensoren (Licht, Schall o.ä.) und Triggerausgänge für Blitze und Kamera. Die Software im Gerät stellt den Zusammenhang her. Also z.B.: “Wenn die Lichtschranke auslöst, löse sofort die Kamera aus, dann warte 94 Millisekunden und löse dann Blitz 1 aus. nach weiteren 30 Millisekunden löse Blitz 2 aus.”
Ich habe mir so ein Gerät zugelegt. Dieses ist von Mario Ohnmacht Elektronik, einer kleinen Hardwareschmiede, dessen kreativer Kopf selbst begeisterter Highspeed-Fotograf ist. Das Gerät heißt “Triggie Pro+”. Es funktioniert hervorragend und kostet nicht die Welt.
Lies mehr dazu in Teil 2: Das Richtige Timing der Aufnahme!
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