“Mach doch mal, ich kann es nicht mehr halten!” höre ich Fabians Stimme durch das stockdunkle Studio. Fabian, mein Assistent, wird ungeduldig. Er wartet auf der Leiter auf mein Kommando, eine Wasserbombe über das Model Rica haltend. Bei “Drei” soll er sie fallen lassen, doch ich muss noch eine letzte Einstellung an der Kamera vornehmen, die ich vorher vergessen hatte.

Endlich zähle ich “Eins” – “Zwei” – “Drei”. Ich öffne den Kameraverschluss für 2 Sekunden, Fabian lässt zeitgleich die Wasserbombe fallen, es blitzt und spritzt und… es kommt ein recht seltsames Bild dabei heraus: Man sieht Rica, die die vereinbarte Pose tapfer gehalten hat (was ich im Dunkeln nicht sehen konnte, der Blitz hat es auf den Sensor gebannt, so dass es auf dem Foto dann zu sehen war). Aber man sieht keinen Ballon. Was ist passiert? Das Timing stimmte nicht. Der Ballon passierte die Laserlichtschranke, diese löste den Blitz mit einer Verzögerung von 100 Millisekunden aus. Die 100ms waren eine grobe Schätzung, die offenbar falsch war. Ricas Haare zeigten auf dem Bild keine Spuren von ganz frischer Nässe, also war der Ballon zum Zeitpunkt der Auslösung noch nicht zerplatzt. D.h. der Ballon war nicht bereits aus dem Bild “herausgefallen”, sondern er war noch gar nicht drin. Also mussten wir eine längere Zeit einstellen.

Nächster Versuch: 200ms. Dieselbe Prozedur noch einmal. Diesmal ist der Ballon auf dem Bild zu sehen, aber er “steht” auf Ricas Kopf. Das sieht lustig aus und signalisiert uns, dass wir schon ziemlich nahe dran sind. Noch etwas mehr Zeit noch.

Also stellen wir nun 230ms als Verzögerungszeit zwischen Laserlichtschrankenunterbrechung und Blitzauslösung ein. Und diesmal klappt es! Der explodierende Wasserballon ist auf dem Bild zu sehen!

 

Das richtige Timing spielt in der Highspeed-Fotografie eine entscheidende Rolle

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Highspeed: Wasser-HutHighspeed: Wasser-Hut
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Über das richtige Timing in der Highspeed-Fotografie

Das Thema “ultrakurze Belichtung mittels Blitz” habe ich im Teil 1 “Highspeed-Fotografie: Ultra-kurze Belichtungszeiten realisieren” eingehend beschrieben. Aber wie treffen wir den richtigen Zeitpunkt für die Belichtung? Auf gut Glück? Das ist eine Möglichkeit. Und es kommen dabei auch manchmal wirklich gute Ergebnisse heraus. Lieber als Glückstreffer möchten wir aber vorhersehbare und reproduzierbare Ergebnisse haben. Und hier kommt die Lösung dafür.

Du möchtest nicht so viel lesen?

Tut mir leid, das Thema ist recht komplex. Einen kurzen Abriss zu geben, ohne in die Details zu gehen, ist kaum möglich. Wenn dich das Thema interessiert, du aber nicht so viel lesen willst, dann buche mich doch als Coach bzw. Trainer für Highspeed-Fotografie! Gerne auch nicht nur für dich allein, sondern für deinen ganzen Fotoclub.

Bei Interesse: Hier Coaching buchen, hier Videochat-Coaching buchen oder erstmal unverbindlich nachfragen!

Warum ein Gerät fürs Timing?

Ein kleines Gerät namens “Triggie Pro+” von Mario Ohnmacht Elektronik mit Zubehör sorgt dafür, dass die Ergebnisse eines solchen Shootings planbar und reproduzierbar werden. Das Gerät hat Sensoren für Schall (Mikrofon) und Licht (Photodiode, anschließbares Zubehör, inkl. Laser-Modul für den Aufbau einer Laser-Lichtschranke) und Ausgänge, um eine Kamera und bis zu zwei Blitze auszulösen. Die Software im Gerät erlaubt exakte Parametrisierung, z.B. die Empfindlichkeit der Sensoren und die Verzögerungszeiten für die drei Ausgänge (auf 0,1 ms genau!). Es gibt andere Geräte, die ähnliches leisten, teilweise sogar gesteuert durch Smartphone-Apps, aber dieses ist – meines Wissens – das Gerät, das am meisten Möglichkeiten und Präzision für einen so moderaten Preis bietet.

Der Triggie Pro+ von Mario Ohnmacht Elektronik mit seinen Einstellmöglichkeiten

 

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Ich habe mit dem Gerät nun schon mehrere Wasserhut-Shootings gemacht. Hier sei den Models Norienne, Natascha, Damian, Kristin, Rica, Susanne, Andreas, Carsten und Christina sehr herzlich für ihre Geduld mit mir, dem perfektionistischen Ingenieur, gedankt! 😉
Den Waschkeller (mit Abfluss im Boden – erspart für solche Wasserschlachten eine Menge Bastelaufwand!) auf 35°C geheizt, ausgeräumt, Studioequipment rein, alles gegen Spritzwasser geschützt, Triggie Pro+ mit Lichtschranke und Nadel-Mikrofon aufgebaut, und schon konnte es losgehen. Okay… “schon” ist übertrieben. Die Vorbereitung hat beim ersten Mal mehrere Tage gedauert inkl. einiger Probeläufe. Aber es war ja auch das erste Mal, da darf so etwas lange dauern. Beim zweiten Shooting ging es dann schon viel schneller.

 

180°-Panorama des zum Wasserhut-Studio umgebauten Waschkellers

Wie funktioniert das “Triggern”?

Beim Wasserhut-Shooting habe ich zwei Varianten genutzt:

  1. Auslösung des Blitzes mittels Laser-Lichtschranke (Licht)
  2. Auslösung des Blitzes mittels Mikrofon (Schall)

Ausgelöst wurde vom Triggergerät immer nur der Blitz, nicht die Kamera. Die Kamera wäre, zumindest für die schallgetriggerten Aufnahmen, einfach zu langsam, bis sie auslöst. Die normalen 60-100ms Auslöseverzögerung der Kamera wären hier schon zu viel. Das Bild muss ca. 10-20ms nach dem Mikrofon-Impuls (Platzen des Ballons) aufgenommen werden, sonst ist das Wasser schon über alle Berge.

Aber der Hauptgrund dafür, dass ich den Blitz und nicht die Kamera ausgelöst habe, liegt darin, dass der Blitz, den ich benutzt habe, in der Lage ist, das Bild kürzer zu belichten als die kürzeste Verschlusszeit der Kamera es erlaubt. Von dem Thema handelt Teil 1 dieses Blogbeitrages “Ultra-kurze Belichtungszeiten realisieren”. Die Kamera schafft 1/8.000 Sekunde, mit Blitz schaffe ich 1/10.000s oder sogar noch kürzere Belichtungszeiten. Bei explodierenden Wasserbomben macht das schon viel aus, wenn man die Wassertropfen möglichst scharf im Bild haben möchte.

Hier im Detail:

Triggern mittels Lichtschranke

Wenn ich Wasserballons auf den Kopf meines Models werfe, möchte ich, dass auf dem Bild ein schöner “Wasser-Hut” zu sehen ist. So wie dieser hier:

Wasser-Hut

Ca. 70cm über dem Kopf des Models ist die Laser-Lichtschranke angebracht. Die Idee: Der Ballon durchfliegt beim Fall auf den Kopf die Lichtschranke und löst dabei den Blitz aus. Nach einer (durch Versuche herauszufindenden, siehe Einleitungstext) kurzen Zeit ist der optimale Zeitpunkt für die Auslösung, bei dem der Hut eine schöne Form hat.

Um die Ergebnisse reproduzierbar zu machen, muss man einige Vorkehrungen treffen:

  • Die Ballons müssen immer aus der gleichen Ausgangshöhe geworfen werden (sonst fliegen sie mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch die Lichtschranke, was die nötige Verzögerungszeit natürlich beeinflusst)
  • Die Ballons sollten in etwa gleich groß sein und mit gleich viel Wasser befüllt sein (Fallverhalten und Platzverhalten)
  • Das Model sollte sich zwischen den Aufnahmen nicht viel bewegen, besonders die Kopfhöhe sollte sich nicht ändern.

Nun misst man die Verzögerungszeit ein. Dazu macht man die erste Aufnahme und schaut, ob die eingestellte Zeit zu kurz (Ballon noch nicht im Bild oder noch nicht geplatzt) oder zu lang (Model schon nass, aber Ballon nicht mehr zu sehen 😉 ) war. Dann verändert man die eingestellte Verzögerungszeit und versucht es nochmal. So lange, bis es passt. Für den ersten Versuch empfehle ich ein sehr geduldiges Model. Ach ja: Der Assistent / Werfer sollte recht geschickt sein und eine gute Körperbeherrschung haben. Er muss den Ballon ggf. länger am ausgestreckten Arm in einer Position halten und auf Kommando so fallenlassen, dass er exakt durch die Lichtschranke fliegt und mittig auf dem Kopf des Models landet, wo ein kleiner Reißnagel in den Haaren befestigt ist, der den Ballon zum Platzen bringt. Wenn der Assistent den Ballon vorher auf 2,10m Höhe einige Zeit festhalten muss, bis das “Go” vom Fotografen kommt, und er hat sich nur leicht bewegt, trifft er vielleicht nicht den Lichtstrahl (keine Blitzauslösung, Model trotzdem nass, ist frustrierend!) …

 

 

FAIL! Der Assistent hat die Wasserbombe an der Laserlichtschranke vorbeigeworfen. Der Blitz hat nicht ausgelöst, das Bild ist schwarz.

…oder der Ballon trifft nicht exakt den Nagel auf dem Kopf des Models (Blitzauslösung erfolgt, aber Ballon platzt nicht, ergibt mit unter sehr witzige Bilder):

 

 

FAIL! Ballon nicht geplatzt. Trotzdem ein Bild mit einem gewissen Charme!

Triggern mittels Mikrofon

Ein Mikrofon nimmt Schallwellen auf und wandelt sie in elektrische Impulse. Ja, das Platzen des Ballons auf dem Kopf des Models erzeugt natürlich auch Schallwellen, aber es ist einfacher, den Ballon durch die Lichtschranke fliegen zu lassen, als ein Mikrofon direkt auf dem Kopf des Models zu montieren. Montiert man es weiter weg, muss man die Empfindlichkeit des Triggergerätes sehr hoch einstellen, so dass das Gerät auf den Schall reagiert, und dann löst auch jedes andere kleinste Geräusch (Auslösung der Kamera, Sprache oder der Beat der Hintergrundmusik) den Blitz aus. Das ist sehr nervig. Also benutzen wir die Triggermethode “Mikrofon” nicht beim Werfen von Ballons, sondern in anderen Szenarien:

Zum Beispiel bei auf den Kopf gelegten Modellierballons, die mit einer Nadel zum Platzen gebracht werden und dann seltsame “Haarprachten” aus Wasser zaubern.

 

Eine Perücke aus Wasser

Und hier kommt das Mikrofon zum Einsatz. Ich habe ein billiges Tischmikrofon mit Ständer (Ständer hier als Griff benutzt) mit Hilfe von Frischhaltefolie, Silikon, Klebeband und einer Nadel zu einem wasserdichten (Achtung: elektrischer Strom!) Ballon-Anpieks-Stab umgebaut. Platzt beim Anpieksen der Ballon, trifft das Wasser mit voller Wucht vorn aufs Mikro und erzeugt so einen maximalen Impuls für das Triggergerät. Die Handhabung zeigt folgendes Bild:

 

 

Highspeed-Fotografie: Ballon mit Nadel-Mikrofon zum Platzen bringen

Nun sind wir mit dem Triggerimpuls direkt am Geschehen. Die Verzögerungszeit bis zum Auslösen des Blitzes muss hier also deutlich geringer sein als beim Aufbau mit der Lichtschranke. Hier haben sich Verzögerungszeiten zwischen 5 ms und 40 ms bewährt (je nach Setup und gewünschtem Ergebnis).

Weitere Möglichkeiten mit dem Triggergerät

Das Triggergerät hat drei Ausgänge: Einen für die Kameraauslösung und zwei für Blitze. Jeder Ausgang lässt sich über einen eigenen Zeitparameter ansteuern. Mit dem Kameraausgang habe ich bei meinen Projekten noch nicht gearbeitet. Der kann eigentlich nur benutzt werden, wenn Verzögerungszeiten von mindestens 100 ms akzeptabel sind, da die Kamera selbst ja eine Auslöseverzögerung in diesem Zeitbereich hat. Und wenn man nicht, wie ich, die Belichtungszeit ausschließlich über den Blitz festlegen will.

Ich habe aber mal versuchsweise mit den Blitzausgängen zwei Blitze zeitlich versetzt ausgelöst. Dadurch ergeben sich interessante Effekte. Ich habe den zuerst ausgelösten Blitz mit blauer Farbfolie und den später ausgelösten Blitz mit roter Farbfolie versehen. Bei fliegenden Wassertropfen heißt das: Sie werden erst blau, etwas später rot angeleuchtet. Dadurch ergeben sich hochinteressante Bilder wie dieses hier:

 

 

Zwei Blitze, zweitversetzt ausgelöst (erst blau, dann rot). Rechts ist noch die Gummihaut des Ballons zu sehen, die sich gerade zurückzieht.

Der Phantasie sind bei der Highspeed-Fotografie kaum Grenzen gesetzt.

Lust auf mehr?

Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist und gerne mal so etwas mit mir zusammen umsetzen möchte: Ich biete das ganze auch als Dienstleistung oder auch in Form eines Workshops an. Bei Interesse: Einfach mal nachfragen!

 

 

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4 Kommentare

  1. Manchmal kann es vorkommen, dass eine Laserlichtschranke nicht die genaue Zeit angibt. Ich habe festgestellt, dass es auch am Lasermodul liegen kann. Aber es ist schon verrückt, wie gut man die Zeit mit einer Lichtschranke messen kann.

    • Hallo Anton, danke für deinen Kommentar! Was sind denn genau deine Erfahrungen gewesen? Also die Lichtschranke selbst gibt ja keine Zeit an, sie gibt nur den Augenblick weiter, in den der Ballon in die Lichtschranke hineinfliegt. Das Triggergerät, das ich benutzt habe, löst dann sehr präzise in der eingestellten Zeit nach diesem Ereignis den Blitz aus. Natürlich gibt es Variablen, die sind aber unabhängig von der Lichtschranke: z.B. spielt es eine große Rolle, wie weit oberhalb der Lichtschranke man den Ballon hält und loslässt, den die Geschwindigkeit des Ballons steigt ja mit zunehmender Fallzeit. Also: Ballon immer in derselben Höhe abwerfen. Auch Größe / Luftwiderstand des Ballons mag eine Rolle spielen, wenn auch eine nicht so große. Und natürlich spielt auch die Entfernung von Lichtschranke bis Aufprallhöhe (Personengröße) eine große Rolle, denn das ist direkt mit der Verzögerungszeit verknüpft. Also am besten die Kopföberfläche aller Personen in genau der gleichen Höhe platzieren. Oder bei jeder Person das Timing neu bestimmen.


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